Das Messer fliegt – und ich hab’s geworfen
Stress, Wut und die schöne Kunst, nicht jemanden umzubringen – aber fast.
Jede Küche kennt diesen Moment. Dieses ganz spezielle Geräusch: Klirr. Stille. Atemstopp.
Und du weißt – da hat gerade jemand fast den Verstand verloren.
Spoiler: In dem Fall war’s ich.
Es war kein schlechter Tag. Es war ein beschissener. Der Lieferschein war falsch, die Kühlung hatte rumgezickt, und der Azubi hatte mal wieder den Knoblauch geschält, als wäre er auf nem Kindergeburtstag.
Und mittendrin: der Sous-Chef.
So ein Typ, der bei jedem Handgriff kommentieren muss:
„So mach ich das aber nicht.“
„Soll das so aussehen?“
„Willst du das nochmal probieren?“
Bruder, probier DU mal, leise zu sein.
Ich hab’s geschluckt. Stunde für Stunde. Lächeln durchgebissen, Hände gewaschen, Suppe gerührt, Musik ausgemacht, weil’s „unprofessionell“ ist. Und dann: die Karotte.
Ich schneid das Ding – schnell, fokussiert – er steht neben mir, sieht zu, sagt:
„Also das würd ich nochmal üben. Sieht aus wie vom Azubi.“
Und mein Gehirn: Klick.
Ich nehm das Messer – nix Wildes, ein kleines Officemesser – halte es in der Hand, überleg, ob ich’s werfe, und dann?
Ich tu’s. Ich werf’s.
Nicht auf ihn. Natürlich nicht. Aber knapp vorbei. In die Wand hinter ihm.
Flatsch. Steckt. Gerade drin.
Alle drehen sich um.
Er starrt mich an.
Ich sag nix.
Ich bin ruhig. Ruhiger als ich sein sollte.
Chef kommt rein, sieht die Szene, schaut mich an.
„Alles okay?“
Ich:
„Ich hab mich entschieden, das Messer loszulassen. War eine gesunde Entscheidung.“
Er sagt nichts. Geht. Weiß: besser so.
Der Sous-Chef? Still. Plötzlich. Hat sogar auf einmal neue Wertschätzung für mein Julienne-Gemüse. Hat auch nie wieder was gesagt, wenn ich die Kartoffeln grob geschnitten hab.
Wir waren nicht plötzlich Freunde. Aber… es war respektvoll still.
Fazit:
In der Küche gibt’s keinen Platz für Ego – aber manchmal musst du eins demonstrieren.
Nicht mit Gewalt. Aber mit einer Botschaft, die tief genug steckt, um Wirkung zu zeigen.
Und manchmal ist ein fliegendes Messer eben Ausdruck von Liebe.
Liebe zur Ruhe.
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