Plötzlich Veganwoche – mit null Vorbereitung
Wenn der Chef auf Ideen kommt, die dich innerlich zersägen.
Also da steh ich. Ganz normaler Dienstag.
Frühschicht, bisschen Ware vorbereiten, gedanklich noch halb im Wochenende, als der Chef plötzlich in die Küche platzt und sagt:
„Wir machen ab heute eine vegane Themenwoche!“
Ich starre ihn an, sage erst mal gar nichts.
Was willst du da auch sagen?
Vielleicht:
„Digga, hast du heimlich am Siphon geschnüffelt oder was?“
Aber ich nicke nur. Weil’s eh nix bringt.
Vegan. Ohne Vorwarnung. Ohne Planung. Ohne Ware. Ohne Verstand.
Ich schau in die Kühlung.
Butter.
Sahne.
Feta.
Speck.
Eier.
Und Fleisch. Viel Fleisch. Alles, was das vegane Herz hasst.
„Haben wir Sojasahne?“
„Nein.“
„Vegane Mayo?“
„Auch nicht.“
„Tofu?“
„Willst du mich verarschen?“
Wir haben literally nichts.
Aber der Chef ist im „Marketing-Modus“.
Er hat’s schon auf Social Media gepostet.
„Diese Woche bei uns: Vegan only – bunt, bewusst, brutal lecker!“
Brutal ja. Lecker? Naja.
Ich reiß zusammen, was geht.
→ Linseneintopf ohne Speck (traurig, aber okay).
→ Gemüsebratling aus allem, was da ist (mehr Paniermehl als Seele).
→ Sojaschnetzel vom Nachbarbetrieb geliehen (riecht wie Pappkarton, schmeckt auch so).
→ Salat mit Dressing ohne Öl, weil: Sonnenblumenöl war leer, Olivenöl war abgelaufen.
→ Nachtisch? Obst. Roh. Ohne Emotion.
Der Service? Weiß natürlich von nichts.
Die erste Frage vom Gast?
„Gibt’s auch vegane Milchalternativen für den Kaffee?“
Die Servicekraft schaut mich an wie ein Hund, der gleich auf den Teppich kackt.
„Was haben wir da?“
Ich:
„Wir haben gar nichts. Nicht mal Mandeln. Nur Enttäuschung.“
Der Chef kommt rein, fragt:
„Und, wie läuft’s?“
Ich:
„Du willst die ehrliche Version oder die mit Smiley?“
Er lacht. Ich nicht.
Am Abend kommen dann natürlich die Vollzeit-Vegansuperprofis.
Brille. Jutebeutel. Arroganz auf Anschlag.
„Ist das Dressing garantiert ohne raffinierten Zucker?“
„Wurde das Gemüse in einer Pfanne gegart, in der vorher Tierisches war?“
„Sind die Kräuter aus biologisch-dynamischem Anbau?“
Bruder, ICH bin nicht mal aus biologisch-dynamischem Anbau – wie soll ich das bitte wissen?!
Ich spul das volle Programm ab.
Lächeln. Freundlich sein. Lügen.
„Ja ja, alles super clean, keine Sorge, wir verwenden ausschließlich karmesinfreie Gabeln und moralisch gereinigte Schöpfkellen.“
Nach dem dritten Tag bin ich fertig. Ich träume nachts von Sojamilch. Ich krieg PTSD beim Anblick von Chiasamen.
Der Azubi fragt, ob wir Hafermilch einfrieren können – ich will ihn schubsen. Aus Prinzip.
Am Freitag sagt der Chef:
„Nächste Woche dann wieder normal, oder?“
Ich antworte nicht. Ich bin seelisch nicht mehr in diesem Raum.
Fazit:
Vegan ist cool. Vegan ist wichtig.
Aber vegan ohne Vorbereitung in einer fleischverliebten Chaosküche?
Das ist keine Überzeugung.
Das ist ein Kampf gegen Gott, Geschmack und gesunden Menschenverstand.
Ich bin raus. Aber die Sojaschnetzel hab ich verbrannt.
Absichtlich.
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